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Absichtserklärung (Letter of Intent)


Inhaltsübersicht


Was versteht man unter einer Absichtserklärung (Letter of Intent)?

Der M&A-Prozess stellt einen komplexen Prozess dar, der in seinem Verlauf zahlreichen Veränderungen ausgesetzt sein kann. Die potentiellen Vertragspartner sind daher bestrebt, rechtliche Prämissen in der Anfangsphase der Transaktion zu vermeiden, um sich auf diese Weise möglichst viele Gestaltungsoptionen offen zu halten. Gleichzeitig kann ein Bedürfnis dafür bestehen, bereits erzielte Verhandlungsergebnisse in rechtlich unverbindlicher Form zu skizzieren, um die Seriosität des Geschäftsinteresses zu betonen und den weiteren Transaktionsprozess auf eine stabilere Grundlage zu erstellen. Diese Aufgaben übernimmt der Letter of Intent (LoI), meist mit „Absichtserklärung“ übersetzt. In ihm werden Eckpunkte der Transaktion, über die bereits grundlegende Einigkeit erzielt wurde (fixierende Inhaltselemente), sowie weitere Schritte des Transaktionsprozesses (dynamische Inhaltselemente) festgehalten. 

Wie lässt sich die Absichtserklärung von anderen Begrifflichkeiten abgrenzen? 

Vorvertrag

Im Gegensatz zur Absichtserklärung ist der Vorvertrag zumeist darauf gerichtet, ein rechtliches Provisorium zu schaffen, das bereits verbindliche Regelungen zu wichtigen Aspekten der Transaktion beinhaltet. Der Vorvertrag setzt damit voraus, dass die beteiligten Parteien bereits über die wesentlichen wirtschaftlichen und rechtlichen Fragen Einigkeit erzielt haben und der Vorvertrag hinreichend bestimmt formuliert werden kann. Als Hauptgrund, einen Vorvertrag abzuschließen, ist zu nennen, dass dem beabsichtigten Hauptvertrag noch rechtliche und/oder tatsächliche Hindernisse im Wege stehen. Die Parteien eines Vorvertrags haben damit regelmäßig die Möglichkeit, auf Grundlage des Vorvertrags den Abschluss eines Hauptvertrags, notfalls durch Klage, zu erzwingen. Die Verpflichtung, aus dem Vorvertrag heraus einen Hauptvertrag abzuschließen, besteht jedoch nur dann, wenn die Umstände inzwischen nicht dergestalt verändert worden sind, dass dadurch der ausdrücklich bestimmte, oder aus den Umständen hervorleuchtende Zweck vereitelt oder das Zutrauen des einen oder andern Teiles verloren wird.

Memorandum of Understanding (MoU)

Nicht immer einfach fällt die Abgrenzung zwischen Absichtserklärung und dem Memorandum of Understanding. Sachgerecht erscheint es, das MoU als Gestaltungsinstrument auf Fälle zu beschränken, in denen die Parteien konkrete Ergebnisse der bisherigen Verhandlungen, etwa als „Zwischenergebnis“, festhalten wollen. Der Verhandlungsstand wird damit gemeinsam schriftlich festgelegt. Im Gegensatz um LoI enthält das MoU daher in erster Linie fixierende Inhaltselemente, während dynamische Inhaltselemente, etwa Aussagen zum weiteren Prozessverlauf, in den Hintergrund treten. Das MoU hat damit die Funktion, den Hauptvertrag vorzubereiten, und ist demnach weniger prozessbezogen, sondern viel mehr vertragsbezogen. Den Parteien steht es dann frei, dem MoU eine stärkere Bindungswirkung beizulegen als dem LoI, wenngleich das MoU in der Praxis wegen seiner vorbereitenden Funktion meist ebenso unverbindlich ist. 

Neben Angaben zu den Vertragspartnern und dem Kaufobjekt enthält ein MoU regelmäßig: 

  • Aspekte der Transaktionsform (Beschreibung der zu erwerbenden Anteile, Festlegung des Gewinnbezugsrechts beim Share Deal bzw Auflistung der zu übernehmenden Aktiva und gegebenenfalls der Passiva beim Asset Deal), 
  • Bandbreiten des Kaufpreises bzw Regelungen über Kaufpreisanpassungen sowie Art und Fälligkeit der Zahlung, 
  • Fragen der Finanzierung, wie Bestätigung von Finanzierungszusagen einschließlich deren Einschränkungen, Bestimmungen über offene Punkte und Festlegungen zu deren inhaltlichen und zeitlichen Erledigung, 
  • Fragen der Gewährleistung von Garantien sowie
  • Festlegungen zum Closing

Insgesamt sollte jedoch gut überlegt sein, ob der Abschluss eines MoU angeregt werden soll. Nicht selten nimmt die Verhandlung über ein MoU oft mehr Zeit als beabsichtigt in Anspruch und der eigentliche Zweck, die Finalisierung des Hauptvertrages, gerät dabei in den Hintergrund. Mit kompetenter Beratung kann ein MoU jedoch den Verhandlungsprozess spürbar entlasten. Ergebnisse werden dadurch konserviert und die psychologische Hemmschwelle, die bereits im MoU getroffenen Übereinkünftige später wieder in Frage zu stellen, erhöht. 

Binding Offer

Das Binding Offer ist bereits ein wirksam bindendes Angebot zum Kauf eines Unternehmens oder von Anteilen an einer Gesellschaft und muss daher bereits die wesentlichen Vertragspunkte beinhalten. Auch die Rechtswahl und eine Schiedsklausel sollten somit bereits in dieser Phase aufgenommen werden. Innerhalb der Bindungsdauer, für die das Binding Offer abzugeben wurde, ist das Anbot grundsätzlich einseitig unwiderruflich. Nicht zuletzt aufgrund der Unwiderruflichkeit sind in diesem Anbot die aus Käufersicht für den Vertragsabschluss unabdingbaren Bedingungen festzuhalten (beispielsweise Zustimmung von Behörden, kartellrechtliche Nichtuntersagung, Katalog von Zusicherungen und Garantien, zufriedenstellende Due-Diligence-Prüfung). In der Praxis hat sich gezeigt, dass das vom Offerenten gelegte Anbot oftmals nicht ausdrücklich angenommen wird, sondern hier dann in weiterer Folge in die Phase der Vertragsverhandlung eingetreten wird. 

Welche Punkte sind in einer Absichtserklärung geregelt? (inkl. Beispielformulierungen)

Vertragsgegenstand

Im Vertragsgegenstand wird als Erstes das Interesse des Unternehmenskaufs bekundet.

Beispiel

„Mit diesem Schreiben möchten wir unser Interesse an einem Erwerb aller Geschäftsanteile an der […] GmbH mit Sitz in […] von Ihnen bekunden. Der Erwerb soll entweder direkt durch uns oder indirekt durch ein mit uns verbundenes Unternehmen mit Sitz im Inland oder Ausland erfolgen und steht unter dem Vorbehalt, dass der noch auszuhandelnde Kaufvertrag zum Abschluss gebracht wird.“ 

Unverbindlichkeit 

Jedenfalls sollte die Unverbindlichkeit der Absichtserklärung festgehalten werden.

Beispiel

„Diese Erklärung ist ausschließlich ein Ausdruck gegenseitiger Absichten in Bezug auf die Transaktion. Bindende Verpflichtungen in Bezug auf die Transaktion ergeben sich allein aus dem Abschluss des Kaufvertrags. Diese Erklärung begründet insbesondere keinen Anspruch auf Abschluss des Kaufvertrags. Vielmehr haben die Parteien das Recht, jederzeit ohne Angaben von Gründen von weiteren Verhandlungen Abstand zu nehmen.“

Due Diligence; Zeitplan

Ebenfalls nicht unbedeutsam ist die Festlegung eines konkreten Ablaufs der Due Diligence, mit der der potentielle Käufer die Zielgesellschaft vor Abschluss des Kaufvertrags einer intensiven Prüfung unterzieht. 

Beispiel

„Sobald angemessen und praktikabel, werden Sie uns nach Unterzeichnung dieser Erklärung im Rahmen der für Sie und die Gesellschaft anwendbaren gesetzlichen Vorschriften gestatten, eine marktübliche Due Diligence in Bezug auf die finanziellen, rechtlichen, steuerlichen, operativen und umweltbezogenen Verhältnisse der Gesellschaft durchzuführen.“ 

Kaufpreis 

Wegen der Komplexität der Kaufpreisfindung und dem damit verbundenen hohen Informationsbedürfnis empfiehlt es sich jedoch, in der Absichtserklärung nur Grundzüge zu skizzieren und die Einzelheiten im Rahmen der späteren Vertragsverhandlungen zu erörtern. Im Einzelfall kann es aber sinnvoll sein, bereits in der Absichtserklärung die Behandlung bestimmter Positionen (zB Factoring, Rückstellungen, Leasing) im Rahmen der Kaufpreisfindung festzulegen, wenn es sich dabei um wirtschaftliche wesentliche Positionen handelt. 

Beispiel

„Vorbehaltlich der unten aufgeführten Annahmen sind wir bereit, einen Kaufpreis für die Anteile in Höhe von EUR […] (der „Kaufpreis“) zu bezahlen. Der Kaufpreis basiert auf folgenden Annahmen: (i) Die Gesellschaft wird frei von Fremdverbindlichkeiten und nach Abzug freier Liquidität erworben, (ii) die Gesellschaft verfügt über ein für ihren Geschäftsbetrieb übliches und ausreichendes Maß an Umlaufvermögen, und (iii) im Verlauf unserer Due Diligence werden keine wesentlichen Verbindlichkeiten oder Haftungsrisiken aufgedeckt, die uns nicht vor Unterzeichnung dieser Erklärung bereits offenbart worden sind.“

Eckpunkte der Transaktion

Weiterer Kerninhalt einer Absichtserklärung sind die Eckpunkte der Transaktion. Zugleich stellt dieser Abschnitt den Teil der Absichtserklärung dar, der am wenigsten einer verallgemeinernden Darstellung zugänglich ist. Die Frage, wie detailliert die Parteien hier vorgehen wollen, insbesondere wie konkret bereits einzelne Regelungsgegenstände des späteren Kaufvertrags skizziert werden sollen, hängt von den Verhältnissen im Einzelfall ab.

Beispiel

„Wir gehen davon aus, dass der Vollzug der Transaktion unter bestimmten aufschiebenden Bedingungen steht, insbesondere, dass (i) alle erforderlichen gesellschaftsrechtlichen und regulatorischen Zustimmungen, Genehmigungen etc, insbesondere die Kartellfreigabe, erfolgt sind und (ii) zwischen der Unterzeichnung des Kaufvertrags und dem Vollzug der Transaktion keine wesentlichen nachteilige Veränderung in der Gesellschaft oder ihrem Unternehmen eingetreten ist.“ 

Exklusivität

Die Exklusivitätsverpflichtung des Verkäufers zielt in zwei Richtungen: Zum einen sollen bereits begonnene Verhandlungen mit potentiellen Käufern beendet und zum anderen sollen Kontakte zu anderen Interessenten vermieden werden.

Beispiel

„Der Verkäufer wird mit sofortiger Wirkung alle Verhandlungen und sonstigen Kontakte mit Dritten beenden, die sich auf einen möglichen Verkauf von Geschäftsanteilen an der Gesellschaft oder des ganzen bzw eines wesentlichen Teils des Geschäftsbetriebs oder des Vermögens der Gesellschaft oder einzelner wesentlicher Vermögensgegenstände der Gesellschaft oder auf jede andere Verfügung hierüber beziehen.“

Beschäftigungsklausel

Da im Rahmen von Verhandlungen meist geschäftssensible Daten ausgetauscht und Kontakte mit Mitarbeitern des Zielunternehmens geknüpft werden, empfiehlt es sich, eine Beschäftigungsklausel in der Absichtserklärung mitzuberücksichtigen. 

Beispiel

„Solange innerhalb der durch diese Erklärung vorgegebenen Zeitschiene kein Kaufvertrag abgeschlossen ist, wird der Käufer keine Mitarbeiter oder früheren Mitarbeiter des Unternehmens für die Dauer von […] Jahren einstellen oder abwerben.“

Wettbewerbsverbot

Bereits in der Absichtserklärung kann der potentielle Käufer erklären, dass eine Kaufabsicht nur unter dem Umstand eines vereinbarten Wettbewerbsverbotes erklärt werde. 

Beispiel

„Beim Abschluss der Transaktion (Closing) verpflichtet sich der Verkäufer, auf Anfrage eine Vereinbarung hinsichtlich eines Wettbewerbsverbots abzuschließen, worin sich der Verkäufer verpflichtet, für die Dauer von […] Jahren in einem Geschäftszweig, das dem des Verkäufers ähnlich oder konkurrenzierend ist, nicht tätig zu werden.“

Kosten

Manchmal tätigen die Verhandlungspartner bereits im Vorfeld des beabsichtigten Vertrages umfangreiche Aufwendungen. Auch wenn dies nicht der Fall ist, sollte dennoch eine Regelung zu den Aufwendungen der Verhandlungspartner getroffen werden.

Beispiel

„Sofern nicht in dieser Erklärung Abweichendes geregelt ist, hat jeder unterzeichnende Beteiligte die ihm im Zusammenhang mit dieser Erklärung angefallenden Kosten selbst zu tragen.“

Welche rechtliche Bedeutung hat die Absichtserklärung?

Die Absichtserklärung ist eine einseitige Willenserklärung oder ein Vertrag. Sie verpflichtet eine oder beide Parteien zu einem bestimmten Verhalten, aus dem sich vorgezogene Erfüllungspflichten und/oder (vor)vertragliche Nebenpflichten ergeben können. Eine Absichtserklärung ist üblicherweise eine unverbindliche Erklärung, die bestätigen soll, dass die Partei(en) der Absichtserklärung in Verhandlungen über einen Vertragsabschluss stehen. Eine Absichtserklärung begründet dabei keine Pflicht zum Abschluss des beabsichtigten Hauptvertrages (keine Bindungswirkung). Einzelne inhaltlich in der Absichtserklärung vereinbarte Regelungen wie Exklusivitätsklauseln und Geheimhaltungsvereinbarungen sind jedoch für die vereinbarte Dauer sehr wohl verbindlich.

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