Österreich: Neue Judikatur zu Wertsicherungsklauseln

Eine Wertsicherungsklausel in einem Mietvertrag ermöglicht es, die Miete an die Veränderungen des Verbraucherpreisindexes (VPI) oder eines anderen Indikators zu koppeln, und somit den Mietzins der Inflation anzupassen. In fast allen Mietverträgen finden sich solche Wertsicherungsklauseln, deren Wirksamkeit allerdings von den rechtlichen Rahmenbedingungen der Vertragsparteien und der Formulierung der Klausel abhängt.

Bei den rechtlichen Rahmenbedingungen der Vertragsparteien ist vor allem der Anwendungsbereich des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG) zu beachten. Das Konsumentenschutzgesetz ist grundsätzlich bei sogenannten „Verbraucherverträgen“ anwendbar. Beim Mietvertrag also Verträge zwischen UnternehmerInnen als VermieterInnen und VerbraucherInnen (KonsumentInnen) als MieterInnen.

Als UnternehmerInnen im Sinne der mietrechtlichen Bestimmungen gelten von vornherein juristische Personen, aber auch private Personen, die mehrere Wohnungen vermieten. Als Richtschnur gilt für private Personen die Vermietung von mehr als 5 Wohnungen, wobei hier die Rechtsprechung sehr schwankend ist. Die Anzahl der vermieteten Wohnungen ist nicht alleiniges Kriterium dafür, ob VermieterInnen als UnternehmerInnen zu qualifizieren sind und daher die Vorgaben des KSchG zu beachten haben. Maßgeblich ist auch, ob zur Bewältigung der Verwaltung eine dauerhafte kaufmännische Organisation erforderlich ist. Von der Rechtsprechung wurden als Merkmale einer solchen Organisation die Bestellung eines Hausbesorgerpersonals und/oder einer Hausverwaltung bzw. die Führung einer Buchhaltung angesehen.

Eine Konsequenz der Anwendbarkeit des KSchG ist, dass sich die folgenden Ausführungen nur auf Wohnraummieten beziehen, da Geschäftsräume (schon vom Zweck her) nicht an VerbraucherInnen vermietet werden (abgesehen von sogenannte Gründungsgeschäften, wo also die unternehmerische Tätigkeit erst aufgenommen wird und das Geschäft gerade zu diesem Zweck abgeschlossen wird).

Der OGH hat nunmehr eine richtungsweisende Entscheidung getroffen (2 Ob 36/23t), wonach Wertsicherungsklauseln bei Verbraucherverträgen in zwei Fällen unwirksam sind:

1. Ungeregelter Nachfolgeindex:

Eine Indexklausel ist ungültig, wenn im Mietvertrag zwar geregelt ist, dass bei einem Wegfall des vereinbarten Index ein Index gelten soll, der dem vereinbarten Index am meisten entspricht, nicht jedoch geregelt ist, wer die Entscheidung darüber treffen soll, welcher Index gilt, wenn nicht eindeutig ist, welcher Index dem Verbraucherpreisindex am meisten entspricht. Darin sieht der OGH einen Verstoß gegen § 6 Abs 1 Z 5 KSchG, wonach eine Vertragsbestimmung nicht verbindlich ist, wenn die für die Entgeltänderung maßgebenden Umstände vom Willen des Unternehmers abhängen könnten.

2. Unzulässige Erhöhung des Mietzinses:

Eine Indexklausel ist weiters ungültig, wenn durch die Klausel der Vermieter in die Lage versetzt wird, den Mietpreis innerhalb der ersten 2 Monate nach Vertragsabschluss zu erhöhen, und diese nicht nachweislich im Einzelnen ausgehandelt wurde. Dies verstoße gegen § 6 Abs 2 Z 4 KSchG, wonach eine Vertragsbestimmung ungültig ist, wenn dem Unternehmer auf sein Verlangen für seine innerhalb von 2 Monaten nach Vertragsschließung zu erbringende Leistung ein höheres als das ursprünglich bestimmte Entgelt zusteht.

Die Möglichkeit, innerhalb von 2 Monaten nach Vertragsabschluss den Mietzins zu erhöhen, ist bei vielen Wertsicherungsklauseln – zumindest theoretisch – gegeben, weshalb sich ein ausdrücklicher Ausschluss dieser Möglichkeit empfiehlt.

Die Brisanz dieser Entscheidung ergibt sich in Zusammenschau mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), wonach eine Klausel, die gegen Verbraucherrecht verstößt, nicht durch die korrelierenden Bestimmungen des Zivilrechtes zu ersetzen ist, sondern zur Gänze als nichtig zu werten ist. Umgelegt auf eine nicht dem KSchG entsprechende Wertsicherungsklausel bedeutet dies, dass die gesamte Wertsicherungsklausel nichtig ist und somit einerseits Mietzinserhöhungen, welche aufgrund einer solchen Klausel verlangt wurden, vom Mieter zurückverlangt werden können, andererseits der Vermieter den Mietzins auch in Zukunft nicht der Inflation anpassen kann.

Dies wäre bei befristeten Verträgen – je nach Vertragsdauer – nicht so gravierend, da diese Verträge im Falle einer Vertragsverlängerung in der Verlängerungsvereinbarung entsprechend korrigiert werden können. Wirklich unangenehm ist die Rechtslage bei unbefristeten Verträgen, die bekanntlich bei Voll- oder Teilanwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes vom vermieterseitig nur schwer gekündigt werden können. Hier würde der Vermieter gegebenenfalls über sehr lange Zeit auf den ursprünglich vereinbarten Mietzins beschränkt bleiben.

Conclusio

Wenngleich die Entscheidung des OGH in der laufenden rechtlichen Diskussion nicht unumstritten ist, sollten Indexklauseln in Mietverträgen über Wohnungen, die von UnternehmerInnen an VerbraucherInnen vermietet werden, überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.



Autor: Reinhard Paulitsch